INSTALLATIONEN

Frank Balve baut Räume. Erfahrungsräume, die sich in komplexen, vielschichtigen Strukturen manifestieren. Die Wurzeln seiner Installationen finden sich in der kritischen Auseinandersetzung mit literarischen Vorlagen, unserer konsum- und medienbesessenen Gesellschaft sowie der Präsenz einer oft spürbaren übergeordneten Kontrolle und Macht. Gemeinsam mit autobiographischen Bruchstücken des Künstlers verbinden sich diese Fragmente mit subjektiven Erinnerungswerten des Betrachters und dem ihn umgebenden Raum zu einem Gesamtbild.

MENSCHENLEER

INSTALLATION (RAUM / TON) | JULI / OKTOBER 2016

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GERIPPE (BOOT) | HOLZ / ACRYL / ASCHE PIGMENT | 113 x 660 x 233 CM | JULI / OKTOBER 2016 RING 3 | VIDEO | 14 MIN. LOOP | HOLZBOX 97 x 59 x 17 CM | APRIL 2013 | UNBETITELT (WIND) | PAPIERZELLSTOFF AUF LEINWAND | 80 x 100 CM | JULI 2016 | In Menschenleer steht ein Objekt im Zentrum, das den Titel Gerippe (Boot) trägt und die Form eines hölzernen Rettungsbootes aus dem frühen 20. Jahrhundert zitiert. Die Querbalken der Bänke sind derart eng aneinander angebracht, dass niemand mehr auf ihnen Platz nehmen kann. Sie formieren sich zu einem sauberen Raster, das hier und da Schlitze preisgibt. Der Bug weist in Richtung Wand. Hier hängen 18 mit Papierzellstoff bearbeitete Leinwände „Ohne Titel (Wind)“. Ihre symmetrische Anordnung erzeugt eine fiebernde Spannung mit dem Boot. Wo eigentlich ein romantisierender Hoffnungsschimmer oder eine Klärung der Lage am Horizont zu erwarten wären, ergießt sich bis auf einige Strukturen absolute Leere über den Leinwänden. Die weißen Bilder üben eine ruhige, tröstliche Faszination aus und haben die Vergegenwärtigung des Scheiterns von Caspar David Friedrichs Eismeer hinter sich gelassen. Untermalt wird die Szenerie von einem Rauschen, dessen Quelle die Videoinstallation Ring 3 ist. Im Dauerloop wird eine schaumige und fast schon schleimig anmutende Gischt an Wellenkämmen präsentiert, die gefräßig den Strand umspülen. Durch den veränderten Klang des Meeres erhält das Naturschauspiel einen irritierenden Beigeschmack, da die Einheit von Gesehenem und Gehörtem gesprengt wird.

FRAGMENT

INSTALLATION (RAUM / TON / VIDEO / FOTOGRAFIE) | 8 x 2 x 4 M | OKTOBER 2012 | PAPIERZELLSTOFF / HOLZ / FLIESEN / METALL / LICHTKÄSTEN / BILDSCHIRME |

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Mit „Fragment“ greift Frank Balve erstmals das Thema der Erinnerung auf. Formal handelt es sich bei der begehbaren Installation um eine Neu-Konstruktion aus Teilen der zerstörten Re- Konstruktion eines Raumes, den Balve in Anlehnung an persönliche Erinnerungen geschaffen hatte. Die Fragmente wurden zu einer Folge von drei Räumen neu zusammen gesetzt, wobei ihre ursprüngliche Kohärenz verloren ging. Von Zimmer zu Zimmer verringert sich die Zahl der Koordinaten, gleich einer verblassenden Erinnerung, die zunehmend bruchstückhafter wird, bis sie sich schließlich auf wenige unzusammenhängende Bilder reduziert. Die Kombination von plastischen Elementen, bewegten Videobildern, Fotografien und verstörenden Klängen gleicht dabei dem multimedialen Charakter von Erinnerungen, die bildhafte Elemente, filmartige Szenen, Geräusche und vor allem Gefühle umfassen können. Eine Schlüsselfunktion kommt den Fotografien und Videos zu, die auf frühere Ereignisse in diesen Räumen verweisen. Sie zeigen einen weiblichen und einen männlichen Protagonisten in der noch intakten Kulisse. Die surrealen, alptraumhaften Bilder suggerieren düstere Assoziationen an individuelle Ängste und Gewaltszenarien. Der Ort erscheint aufgeladen mit den Energien vergangener Ereignisse, die vom Betrachter nachempfunden oder imaginiert werden, vielleicht auch mit eigenen Erinnerungen verwoben. Ein beunruhigendes Gefühl stellt sich ein, eine Irritation, ähnlich den Nachwirkungen eines Alptraums. Der überzogen dargestellte Verfall und die identitätslosen Körper mit ihren verschwommenen Gesichtern verleihen der Arbeit zudem eine metaphorische Dimension: Das verwahrloste Abbruchhaus wird zum Sinnbild für die menschliche Psyche, für die unkontrollierbaren Prozesse unserer Erinnerung.

BLOC

INSTALLATION (RAUM / SOUND) | PAPIERZELLSTOFF / HOLZ / FLIESSEN / STRAHLER | 20 X 8 X 4 M | JULI 2012

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Ein typisch deutscher Spielplatz: Rutsche, Doppelwippe, Schaukel, Sandkasten, Federwipptier und Karussell, daneben die Sitzbank für die Aufsichtspersonen. Aber hier erklingt kein fröhliches Kinderlachen, der Platz wirkt verlassen, erstarrt, tot. Üblicherweise fröhlich bunt bemalt, sind die Spielgeräte des „Bloc“ mit schwarzem Zellstoff ummantelt. Ihre dumpfen, porös wirkenden Oberflächen wecken Assoziationen an den Ascheregen eines Vulkanausbruchs, an fossile Knochen oder abgestorbene Korallen. Eine dezente Soundinstallation, die den Raum mit surreal-abstrakten Klängen füllt, verstärkt die beunruhigende Atmosphäre. „Bloc“ thematisiert den Spielplatz als Ort sozialer Interaktion. Die sieben Module bilden auf einer 160 Quadratmeter großen Fläche maßstabsgetreu das standardisierte Inventar eines öffentlichen Kinderspielplatzes nach. TÜV-geprüft und von Pädagogen entworfen, bieten die genormten Geräte Kindern einen klar ausgewiesenen und begrenzten Raum zum Spiel. An einem solchen Ort steht nicht ausgelassenes Toben im Vordergrund, hier wird Sozialverhalten trainiert, werden erste Konflikte ausgetragen und Beziehungen ausprobiert – immer unter dem wachsamen Blick der Autoritätspersonen auf der Bank, die, stets zum Eingreifen bereit, die Regeln vorgeben. Vier hohe Scheinwerfer, die außerhalb des Geländes stehen, tauchen den Platz in ein grelles Licht, das harte Schlagschatten wirft. Durch die gnadenlose Ausleuchtung jedes Winkels wird eine unangenehme Beobachtungssituation geschaffen, in der auch der implizite Aufseher der Kinder auf der Bank zum Beobachteten wird. Ein schwarzer Maschendrahtzaun umgrenzt den Spielplatz und bildet zugleich einen Schutzraum und Käfig. Einen Eingang gibt es nicht, der Betrachter muss „draußen“ bleiben und die Rolle eines Beobachters/Voyeurs übernehmen; dabei wird er von der raumgreifenden Arbeit gleichsam an die Wand gedrängt. Durch die grelle Beleuchtung und die Umzäunung verschiebt sich die Atmosphäre von einem Ort des Spiels hin zu einem der Ort der institutionalisierten Überwachung und des Kampfes, etwa einem Gefängnishof (bloc steht in der französischen Umgangssprache für „Knast“, „Bunker“), einem Boxring oder einem Sportstadion. Obwohl „Bloc“ aufgrund der reduzierten, klaren Formensprache zunächst leicht lesbar scheint, erschließen sich aufgrund der spezifischen Gestaltung und Konzeption nach und nach immer neue Sinnebenen. Während etwa auf realen Spielplätzen Sandböden oder Weichgummimatten die Verletzungsgefahr mindern sollen, stehen die Spielgeräte des „Bloc“ auf einem harten, weißen Kachelboden. Der leicht zu säubernde, aseptisch glänzende Untergrund ruft Assoziationen an ein Schlachthaus oder Krankenhaus hervor – der Spielplatz mutiert zum Labor, die Kinder zu unfreiwilligen Teilnehmern eines brutalen Experiments. William Goldings Roman „Herr der Fliegen“ (1954) kommt in den Sinn, der eine auf einer Insel gestrandete Gruppe von Kindern in ihrem zunehmend barbarischen Verhalten schildert und damit die angeborene Gewaltbereitschaft des Menschen thematisiert. Auch die historische Aula, die den räumlichen Hintergrund der Arbeit bildet, spielt eine Rolle im Rezeptionsprozess. Die wertvollen Tapisserien, die in den 1730er Jahren in der Manufaktur des französischen Königs Louis XV. nach den Fresken Raffaels in der Stanza della Segnatura des Vatikans ausgeführt wurden und die als Staatsgeschenke ihren Weg in die Akademie fanden, repräsentieren die Macht der Regierenden wie die Bedeutung des Alten Meisters gleichermaßen. Die Installation relativiert die eigentlich eindrucksvolle Größe der Aula und widersetzt sich ihrer prunkvollen Ausstattung mit farblicher und formaler Strenge. Der ehrwürdige Saal wird zur Kulisse degradiert. Zum anderen ist der fensterlose Raum mit seinen großflächigen Wandbehängen von einer musealen Atmosphäre geprägt, die leicht ins Stickige und Dustere kippt und damit die bedrückende Stimmung des „Bloc“ unterstreicht. Durch bewusst in Kauf genommene Ungenauigkeiten bei den Nachbauten verdeutlicht Frank Balve die Modellhaftigkeit seiner Arbeit. Der Spielplatz wird zur Metapher für menschliches Sein und Handeln in der Gesellschaft. Balve präsentiert ihn als Heterotopos im Sinn Michel Foucaults, als differenten „Gegenraum“, der eine Welt für sich bildet, nach eigenen Gesetzmäßigkeiten funktioniert und damit in besonderer Weise gesellschaftliche Verhältnisse repräsentiert.

120

INSTALLATION (LICHT / VIDEO /RAUM / SOUND) | MAI 2012 | MALEREI / PAPIERPLASTIKEN / PAPIER / HOLZ / ACRYL / WANDFARBE / FLIESSEN / STOFF / BAROCKMÖBEL / TEPPICH / FENSTER |

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Frank Balves äußerst vielschichtiges Werk kreist um oft unbequeme Themen von gesellschaftlicher und ethischer Relevanz. In aufwändigen Rauminstallationen kombiniert er ungegenständliche Malerei, Videoinstallationen, Papierplastiken, Lyrik und Soundcollagen zu multimedialen Konzeptionen von musealem Ausmaß. Dabei bezieht er sich häufig auf Werke der klassischen Tafelmalerei oder Literatur und spielt souverän mit überkommenen Gattungsbegriffen. Überwachung, Voyeurismus, Medienkonsum, institutionalisierte Gewalt: „120“ basiert auf dem Romanfragment „Die hundertzwanzig Tage von Sodom oder die Schule der Ausschweifung“ des Marquis de Sade (1785), das wegen der kühlen Schilderung sexueller Perversion zu den umstrittensten Werken der Weltliteratur gehört. Balve richtet sein Augenmerk hingegen auf die meist übersehene gesellschaftskritische Dimension des Textes, die die institutionalisierte Kontrolle und Disziplinierung der „Anderen“ durch die Machthaber anprangert. Während der erste Ausstellungsraum als repräsentatives Barockinterieur mit den klassischen Bildkünsten Malerei und Plastik gestaltet ist, ruft ein abgedunkeltes und verkacheltes Hinterzimmer Assoziationen an ein Schlachthaus oder Gefängnis hervor. In den Ecken sind drei Videoprojektionen nackter, kauernder Körper mit schwarzen Kapuzen zu sehen – eine Pose, die im kollektiven Gedächtnis gespeicherte Bilder von Folteropfern aus Gefangenenlagern wachruft. Zu den Klängen eines dekonstruierten Chopin-PrÈlude entfalten die in extremer Zeitlupe wiedergegebenen lebensgroßen Körper-Projektionen eine verstörende und zugleich fesselnde Wirkung, die den Betrachter seinem reizüberfluteten Alltag entreißt und ihn zu meditativer Ruhe zwingt.

ROOM

INSTALLATION (RAUM / SOUND / VIDEO ) | JANUAR 2011 | HOLZ / GLAS / FERNSEHER / PLASTIK | ACRYL / TEPPICH / STEIN / PAPIER |

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ZUSAMMENARBEIT MIT NICO KIESE Vier drei Meter große Schaukästen und ein Gerüst aus Paletten um sie zu vernetzen. So sieht die Installation aus. Den Besucher erwartet die Dunkelheit im Saal und eine Soundcollage, die ihn mit Geräuschen und Tönen beschallt, die wie aus einer Unterwasserwelt klingen. Zwei Studenten, Frank Balve und Nico Kiese, nutzen die historische Aula als Ausstellungsraum und wollen damit ein Zeichen setzen: während des Akademiejahrs wird hier Kunst gemacht. Frank Balve findet es wichtig, dass Künstler, die gerade im Produktionsfluss sind, ihre Werke auch ausstellen können. Ihr Projekt in der historischen Aula der Kunstakademie ist multimedial, in einem Schaukasten befindet sich die Originalkulisse zu Frank Balves Film "Aschetaucher"; die anderen enthalten Variationen des Films. Ein Kasten zeigt den Film auf 24 Fernsehern, jeder davon in seinem eigenen Rhythmus; bei Stillstand setzt sich das Bild zusammen. In einem anderen ist das Bild auf den Kopf gestellt, die Bewegungen sind verlangsamt, verschiedene Perspektiven sind übereinander gelegt. Im dritten Kasten sind nur Schatten oder Umrisse zu sehen. Der Film zeigt nackte Personen, die sich in einem Raum bewegen. Die Kulisse enthält ein Sammelsurium von alten Objekten: eine Wolkensammlung in bauchigen Gläsern, ein Fundus künstlicher Wimpern und Fingernägel hinter Glas, und ein von den Studenten selbstgebauter Schrank mit eingearbeiteten Bildschirmen sind hier zu sehen. Jedes Detail hat seine eigene Geschichte. Für die unbekleideten Statisten, war der Dreh sicher kein Zuckerschlecken. Die Situation sollte in ihnen ja auch ein bestimmtes Gefühl erzeugen. Frank Balve beschreibt den Ablauf der Aufnahmen:"Die Leute wurden da so zwei, drei Stunden lang mit Sound und mit Licht beschossen und hatten so fünf, sechs Eckpositionen, die sie machen sollten und dazwischen konnten sie frei agieren." Sie sind gefangen; in ihrer Nacktheit und Reinheit der Situation ausgeliefert, müssen sie sich den Gegebenheiten aussetzen. Mensch und Raum treffen hier aufeinander, der Künstler spielt mit Wahrnehmung und Perspektive. Das Auge des Betrachters versucht zu reparieren, was sich ihm nicht sofort erschließt. ROOM Nach Farben Graben?
Was willst du Grund?
Seit Tagen Verirrt, folglich tiefer als das Tier
Die Kleider Leichen schwimmen wie Asche Taucher Tun Steine bleichen, stimmen sie „Flucht der Maurer“ Die Menge schwärmt von Alten Gaben
Druckt Lösungen auf milchig Fahnen
unwiderstehlich drum gehalten mit dem Mund
reisst nun der süsse Rost all spröde Lippen wund Verhüllt und präsentiert sie
Zerknüllt und collagiert wie
Schmiegsam und geglättet
In Buchstaben eingebettet
Geflickter Wahn bedeutungsschwer getarnt Jauchzend zersplisst die Herde
Schweiss bricht auf Lässt aufleuchten
nun tobt sie ruhig „denn Tod wurde erahnt“

Frank Balve
+49 89 54029799
contact@kunstblockbalve.com